Professor Harvey Cox und seine Frau im Bonhoeffer-Haus

Professor Harvey Cox, der in seiner Studie über die urbanen Bedingungen für den Glauben, die Kirche und Theologie „The Secular City“ – „Stadt ohne Gott“ (1965) auch die Erfahrungen seines fellowship-Jahres in Berlin (1962/63) reflektierte, kam zur Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Ev. Fakultät der Humboldt-Universität am 14. Juni mit seiner Frau, Professor of History Nina Tumarkin, wieder nach Berlin. Bei seinem Besuch im Bonhoeffer-Haus in Begleitung von Dr. Rohde-Liebenau ergab sich die Gelegenheit zum Fachgespräch mit Professor Konrad Raiser, Professor Andreas Pangritz und dem Vorsitzenden des Kuratoriums, Pfarrer Gottfried Brezger. Das Gruppenbild ist vor dem Eingang zum Bonhoeffer-Haus entstanden.

Musikalische Begegnung

Musik spielte im Hause Bonhoeffer eine wichtige Rolle: gemeinsames Musizieren war fester Bestandteil familiären Lebens, an dem sich alle in unterschiedlicher Form beteiligten. Dietrich Bonhoeffer selbst spielte Klavier, und als Jugendlicher hatter er einige Zeit erwogen, Pianist zu werden.
Die musikalische Tradition setzte Dietrich Bonhoeffer später auch in seinem Predigerseminar fort. Schallplatten mit Spirituals, die Bonhoeffer während seines ersten Aufenthaltes in New York 1930/31 erworben hatte, kamen dort ebenso zum Einsatz wie der große Flügel der Familie, und gemeinsames musikalisches Interesse stand am Beginn der Freundschaft zwischen Dietrich Bonhoeffer und Eberhard Bethge. Viele Texte Dietrich Bonhoeffers, vor allem das Gedicht „Von guten Mächten“, als Weihnachstgruß an die Verlobte Maria von Wedemeyer und die Eltern 1944 im Hausgefängnis der Gestapo in der Prinz-Albrecht-Straße entstanden, finden heute als Lied Eingang in Gottesdienst, christliches Leben und künstlerische Beschäftigung mit der Person Dietrich Bonhoeffer.

Wer heute die Erinnerungs- und Begegnungsstätte Bonhoeffer-Haus besucht, findet auf Bonhoeffers Clavichord in seinem Studierzimmer die Vertonung eines anderen Bonhoeffer-Gedichts: „Christen und Heiden“. Im Haus haben wir über die vielen Besucher auch Vertonungen des Gedichts „Von guten Mächten“ in englischer und schwedischer Sprache gesammelt, erwarteten aber nicht, für „Christen und Heiden“ auf Vergleichbares zu stoßen.
Nun hat uns im letzten Jahr ein schottisches Pfarrehepaar aus Aberdeen im Bonhoeffer-Haus besucht. Der Pfarrer berichtete beim Erblicken der Vertonung in Bonhoeffers Studierzimmer, das Bonhoeffers Gedicht auch in ihrem heimatlichen „Church Hymnary“ abgedruckt sei. Wir waren überrascht, dankbar für diesen Hinweis, und auf unsere Bitte hin sandte der Pfarrer uns eine Fotokopie zu. Einige Wochen später trafen sich bei ihrem Besuch im Bonhoeffer-Haus zufällig eine Rentnerin aus Glasgow und ein Ehepaar aus dem australischen Bundesstaat Victoria. Wir berichteten unserem Gast von der gerade über ihren Landsmann erhaltenen Vertonung. Daraufhin erzählte das australische Ehepaar, dass genau dieses Gedicht auch in ihrer Heimat im Gesangbuch zu finden sei. Wenige Wochen später erhielten wir von ihnen ebenfalls eine Kopie zugesandt.

Manchmal gestaltet sich unsere Arbeit besonders erfreulich: die vielen Besucher, die in kleinen und großen Gruppen, aber auch als Einzelne oder im Familenzusammenhang zu uns ins Bonhoeffer-Haus kommen, bringen auch immer ihre Tradition und Erfahrung mit Dietrich Bonhoeffer mit. Wie schön, wenn sich diese Erfahrungen hier begegnen, in diesem Fall über die Vertonung und die Aufnahme des Gedichts „Christen und Heiden“ in das Liedgut ihrer Kirchen. Durch die Begegnung mit Dietrich Bonhoeffer hier am authentischen Ort ist dies möglich geworden, und die neu gewonnenen Vertonungen, Texte, Arbeiten und Informationen unserer Besucher sind Anregung und Hilfe für alle, die sonst das Bonhoeffer-Haus besuchen.
Sie sind herzlich eingeladen, das Haus zu besuchen und ihre Erfahrungen mit uns zu teilen!

Kuratorium konstituiert

Seit 1. Juni 1987 ist das Bonhoeffer-Haus mit dem rekonstruierten Studierzimmer von Dietrich Bonhoeffer und einer ständigen Ausstellung zu seinem Leben und Werk Erinnerungs- und Begegnungsstätte der Landeskirche. Hier, im Elternhaus von Dietrich Bonhoeffer in der Marienburger Allee 43, Berlin-Charlottenburg, das sich die Eltern Karl und Paula Bonhoeffer für ihren Ruhestand 1935 bauen ließen, fanden konspirative Gespräche des Widerstands statt, hier schrieb er an seiner Ethik und hier wurde er am 5. April 1943 von der Gestapo verhaftet.
Die Erinnerungs- und Begegnungsstätte steht offen für Gruppen und Einzelbesucher aus Stadt und Land und besonders auch für Gäste aus der Ökumene, die sich auf die Spurensuche begeben und sich einladen lassen zur Erinnerung und Begegnung mit dem, dessen Lebensort hier war.

Die Ordnung der Erinnerungs- und Begegnungsstätte Bonhoeffer-Haus vom 20.12.1988 nennt in § 1 folgende Zielsetzung:
(1) Neben der Erinnerung an Person und Familie Bonhoeffers sollen vor allem das christliche Zeugnis, die theologische Arbeit, das ökumenische und das politische Engagement Bonhoeffers gewürdigt werden.
(2) Das Haus steht Einzelgästen und Besuchergruppen offen, die entsprechend dem Anliegen der Einrichtung sich mit Leben, Werk und Bedeutung Bonhoeffers in Vergangenheit und Gegenwart auseinandersetzen wollen.

Das Bonhoeffer-Haus wird von einem Kuratorium geleitet. Dieses wird von der Kirchenleitung der EKBO (Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz) für jeweils 6 Jahre berufen. Die konstituierende Sitzung fand am 23. November 2010 statt.