Musik spielte im Hause Bonhoeffer eine wichtige Rolle: gemeinsames Musizieren war fester Bestandteil familiären Lebens, an dem sich alle in unterschiedlicher Form beteiligten. Dietrich Bonhoeffer selbst spielte Klavier, und als Jugendlicher hatter er einige Zeit erwogen, Pianist zu werden.
Die musikalische Tradition setzte Dietrich Bonhoeffer später auch in seinem Predigerseminar fort. Schallplatten mit Spirituals, die Bonhoeffer während seines ersten Aufenthaltes in New York 1930/31 erworben hatte, kamen dort ebenso zum Einsatz wie der große Flügel der Familie, und gemeinsames musikalisches Interesse stand am Beginn der Freundschaft zwischen Dietrich Bonhoeffer und Eberhard Bethge. Viele Texte Dietrich Bonhoeffers, vor allem das Gedicht „Von guten Mächten“, als Weihnachstgruß an die Verlobte Maria von Wedemeyer und die Eltern 1944 im Hausgefängnis der Gestapo in der Prinz-Albrecht-Straße entstanden, finden heute als Lied Eingang in Gottesdienst, christliches Leben und künstlerische Beschäftigung mit der Person Dietrich Bonhoeffer.
Wer heute die Erinnerungs- und Begegnungsstätte Bonhoeffer-Haus besucht, findet auf Bonhoeffers Clavichord in seinem Studierzimmer die Vertonung eines anderen Bonhoeffer-Gedichts: „Christen und Heiden“. Im Haus haben wir über die vielen Besucher auch Vertonungen des Gedichts „Von guten Mächten“ in englischer und schwedischer Sprache gesammelt, erwarteten aber nicht, für „Christen und Heiden“ auf Vergleichbares zu stoßen.
Nun hat uns im letzten Jahr ein schottisches Pfarrehepaar aus Aberdeen im Bonhoeffer-Haus besucht. Der Pfarrer berichtete beim Erblicken der Vertonung in Bonhoeffers Studierzimmer, das Bonhoeffers Gedicht auch in ihrem heimatlichen „Church Hymnary“ abgedruckt sei. Wir waren überrascht, dankbar für diesen Hinweis, und auf unsere Bitte hin sandte der Pfarrer uns eine Fotokopie zu. Einige Wochen später trafen sich bei ihrem Besuch im Bonhoeffer-Haus zufällig eine Rentnerin aus Glasgow und ein Ehepaar aus dem australischen Bundesstaat Victoria. Wir berichteten unserem Gast von der gerade über ihren Landsmann erhaltenen Vertonung. Daraufhin erzählte das australische Ehepaar, dass genau dieses Gedicht auch in ihrer Heimat im Gesangbuch zu finden sei. Wenige Wochen später erhielten wir von ihnen ebenfalls eine Kopie zugesandt.
Manchmal gestaltet sich unsere Arbeit besonders erfreulich: die vielen Besucher, die in kleinen und großen Gruppen, aber auch als Einzelne oder im Familenzusammenhang zu uns ins Bonhoeffer-Haus kommen, bringen auch immer ihre Tradition und Erfahrung mit Dietrich Bonhoeffer mit. Wie schön, wenn sich diese Erfahrungen hier begegnen, in diesem Fall über die Vertonung und die Aufnahme des Gedichts „Christen und Heiden“ in das Liedgut ihrer Kirchen. Durch die Begegnung mit Dietrich Bonhoeffer hier am authentischen Ort ist dies möglich geworden, und die neu gewonnenen Vertonungen, Texte, Arbeiten und Informationen unserer Besucher sind Anregung und Hilfe für alle, die sonst das Bonhoeffer-Haus besuchen.
Sie sind herzlich eingeladen, das Haus zu besuchen und ihre Erfahrungen mit uns zu teilen!